Anders denn als großen Wurf kann man d’Apriles Biographie des großen Schriftstellers kaum bezeichnen. Das gilt erst recht, wenn man sie vergleicht mit Regina Dieterles voluminösem Fontane-Buch. Dort eine an eine Personen und Personenverhältnisse orientierte Darstellung, die sich in der Fülle des Kleinteiligen immer wieder zu verlieren droht, hier die Beschränkung auf die Schriftstellerbiographie, die eingebettet wird in die politischen, sozialen und okönomischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts. So entstehen nicht nur vertiefte Einsichten in das Werden eines vor allem durch journalistische Erfahrungen geprägten künstlerischen Selbstverständnisses. d’Aprile gelingt es auch, die Brüche und Widersprüche der Person Fontane verständlich zu machen und ihn als Menschen zu zeigen, der tief im Preußen des 19. Jahrhunderts verankert ist und zugleich weit hinausweist in die Bewusstseinsverhältnisse und Widersprüche des Folgejahrhunderts. Wer Zweifel hat, was uns der vor 200 Jahren geborene Fontane heute noch zu sagen hat, der lese diese Biographie – unbedingt! Und wer keine Zweifel hat, der lese sie trotzdem; sie bereichert ungemein.
Iwan-Michelangelo d’Aprile: Fontane. Ein Jahrhundert in Bewegung. – Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Verlag 2918.