Literatur und Sex scheinen von je her ein schwieriges Verhältnis zueinander zu haben. Wenn nach der Lektüre von Rainer Moritz‘ Buch der Eindruck nicht trügt, dann hat zwar die explizite literarische Darstellung sexueller Handlungen seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts zugenommen. Wenig geändert aber hat sich offensichtlich die Schwierigkeit, über Sexuelles literarisch überzeugend sprechen zu können. Schaut man mit Rainer Moritz hauptsächlich auf die deutschsprachige und angelsächsische Literatur der letzten sechs, sieben Jahrzehnte, dann ist man doch erstaunt, mit welch verschämtem, verdruckstem und auffallend häufig schiefem Anspielungs- und mehr Metapherngeschwurbel selbst ausgewiesene Sprachkünstler ihre, in Moritz‘ Analyse durchweg heterosexuellen Figuren auf die Matratze oder anderswohin schicken. Das im Buchtitel angesprochene Desaster bezieht sich mithin weniger auf den Umstand, dass Sex oft unbefriedigend bleibt und das Sprechen darüber vielleicht noch mehr, sondern auf die Schwierigkeiten der sprachlichen und literarischen Gestaltung. Nicht vergessen darf darüber, dass viele, vor allen Dingen die misslungenen Szenen, die Moritz, oftmals mit ironischer Distanz und beißenden Kommentaren, in der Losgelöstheit von originären Romankontexten zusammenbringt, brüllend komisch sind. Wenn er im letzten Kapitel, durchaus zwinkernd doppeldeutig, aufseufzt, dass er nun „ausgelaugt“ sei, so kann man ihm als Leser nach knapp 180 Seiten durchaus folgen. Jetzt ist es, das spürt der Autor offensichtlich, in der Tat genug. Bis dahin aber durfte man dem Matratzendesaster mit Vergnügen an literarischen Lustbemühungen folgen.
Rainer Moritz: Matratzendesaster. Literatur und Sex. – Ditzingen: Philipp Reclam Verlag 2019.